30.06.20

Unhappy Triad in Zeiten der Pandemie

Am 10. März passierte mir der schwere Sturz. Die Frau hat mich gerettet und sicher im Benz nach Hause gebracht. Bein hochlagern, Eis drauf - aber leider keine Besserung. Am nächsten Tag entschieden wir uns gegen das UKH Meidling für das Orthopädische Spital Speising.

Nach langen Diskussion am Empfang (wie zu erwarten) Aufnahme in die Akutambulanz und erste Untersuchung mit der Diagnose "Unhappy Triad" (Der englische Begriff Unhappy Triad (dt. ‚unglückliche Triade‘) beschreibt die Kombination aus einem Riss des vorderen Kreuzbandes (lat. Ligamentum cruciatum anterius), des Innenmeniskus (Meniscus medialis) und des medialen Kollateralbandes (Innenband) (Ligamentum collaterale tibiale)). Röntgen der Kniescheibe mit Ausschluss eines Risses der Partellasehne und Bruchs der Kniescheibe.

Nach fünf Stunden in Speising bekam ich einen sogenannten "Immobilizer" verpasst und erhielt einen Termin in der Knieambulanz am 23.3. um 09:00 zu dem ich einen MRI-Befund mitbringen solle.

Die Suche nach einem MRI-Zentrum gestaltete sich schwierig, aber als zahlender Privatpatient (Euro 240,-) bekam ich sofort am 12.3. im Diagnosezentrum Dr. Rödler et al. in Mödling einen Termin.

Die vernichtende Diagnose in der Kurzfassung: Ruptur des vorderen Kreuzbandes, komplexe Ruptur des medialen Mensikus, meniskokapsulärer Einriss des lateralen Mensiskus, partielle Läsion des medialen Kollateralbandes, Fraktur am lateralen Femurkondyl, Knochenmarksödeme, Gelenkserguß....

..... und dann kam Corona.....

 Am 16.3. wurde der Ambulanztermin vom OSS telefonisch abgesagt nach dem Prinzip "don't call us, we don't call you" - und ich konnte ab dann mit meinem Immobilizer verrecken - ein Kollateralopfer von Corona halt!

Ich humpelte wochenlang mit der Schiene herum, die Muskeln wurden immer weniger, von einem Gangbild konnte man nicht sprechen - Quasimodo-Schlurfen in Reinkultur quasi.

Am 6.4. telefonierte ich mit einem Freund aus Tirol und wir sprachen auch über meine Situation. Er bat mich, ihm die MR-Bilder zu mailen, damit er sie dem Teamarzt des ÖSV zur Begutachtung weiterleiten könne. Ich erwartete mir davon genau gar nichts, aber schickte ihm die Bilder.

Eine Stunde später rief mich Dozent Dr. Christian Hoser aus Innsbruck an und damit wendete sich alles zum Guten. Innerhalb von einem Tag organisierte mir Doz. Hoser eine Ärztin in Mödling. Bereits am 10.4. hatte ich einen Termin bei Frau Dr. Barbara Schwab.

Sie untersuchte mein Knie und verschrieb mir eine bewegliche Orthese (Secutec Genu) zuerst mit 60 Grad, zwei Wochen später dann mit 90 Grad, Inhixa und Reparil. Sie organisierte mir außerdem mit Oliva Linder eine Physiotherpeutin, die selbst in Covid-19-Zeiten mit MNS und Abstand Therapiestunden gab - ich hatte meine erste bereits am 14.4.

Olivia ist eine ganz tolle Therapeutin. Sie gibt einem Sicherheit und Vertrauen auch ohne Bänder im Knie wieder ein normales Leben führen zu können. Wir übten Gehen mit und ohne Orthese, ich bekam jede Menge Übungen und begann wieder zu trainieren, um den Muskelabbau umzukehren und Stabilität im Knie zu gewinnen.

Am 23.4. dann das erste Training am Crosstrainer. Ziel in dieser Phase war es, die Knochenödeme und Schwellungen am rechten Bein zu beseitigen und das Knie für eine eventuelle Operation vorzubereiten. Dr. Hoser operiert in Neu-Rum bei Innsbruck, die Grenzen zu Deutschland waren aufgrund der Pandemie gesperrt - wie kommt man nach Tirol, wie kommt man als operierter Krüppel zurück nach Mayerling?

Am 18.5. Termin bei Frau Dr. Schwab und Facetime-Meeting mit Dozent Hoser (Untersuchung des Knies, Gangbild) und die Entscheidung, den konservativen Weg ohne Operation zu versuchen.

Am 19.5. Start des Trainings am Ergometer ohne Orthese und "Voigas" wie der Wiener sagt. Bis heute 500 km am Ergometer gefahren. Intensives Training mit Gehen, Ergometer, Schwimmen und Krafttraining bis zur ersten Ausfahrt am MTB am 30.6.

Und diese erste kurze, flache Ausfahrt ist gut gegangen - ich bin zurück im Leben - dank Dozent Hoser, Frau Dr. Schwab und Oliva Linder, denen ich unendlich dankbar bin.

Inzwischen gibt der sozialistische Stadtrat Hacker von Wien seit Wochen lustige Pressekonferenzen, in denen er behauptet, dass alle Ambulanzen arbeiten - das ist eine Lüge Herr Hacker!

Ich warte seit 16.3. auf einen Termin der Knieambulanz in Speising. Bis heute - 3,5 Monate nach dem Lockdown keinerlei Info ... und auf der Website steht - "In der Zwischenzeit gilt: Wir kommen auf Sie zu! Wenn Sie einen ursprünglich vereinbarten (Ambulanz- oder Behandlungs-)Termin hatten, werden Sie von unserer Patientenadministration kontaktiert, um die Möglichkeiten für Ihre ganz individuelle Begutachtung oder Behandlung zu klären." - passiert ist genau gar nichts! - Danke Herr Hacker für Nichts!

Fotos des Wahnsinns

Die erste Testfahrt - 112 Tage nach dem Unfall

Meine Physiotherapeutin hat mir schon vor einer Woche grünes Licht für eine vorsichtige Testfahrt gegeben (nur Asphalt, kein Gelände, keine SPD-Clips).

Ich habe mich noch nie in meinem Leben so angeschissen wie vor dieser ersten Radtour nach über 100 Tagen Rekonvaleszenz. Mir sind immer neue Ausreden eingefallen - zu viel Wind, zu viel Regen, zu wenig Sonne - mimimimimimimimi.

Aber heute war es soweit. Alle Sensoren (Powermeter, Pulsgurt) mit allen Geräten (Edge 820 und fenix 6 pro) gepairt, Live-Track gestartet damit mich die Frau jederzeit überwachen kann und ab ging die Post.

Die Performance ist für mich völlig nebensächlich: 9 km in 29' - 17,9 km/h - 94 Höhenmeter - 121 Puls - 131 W - 169 W NP - 224 kcal.

Bergauf mit dem Grannygear und keinerlei Schmerzen im Knie, Auf- und Absteigen macht noch Probleme, Umdrehen macht extreme Probleme, aber es läuft!